Mirāl al-Taḥāwī, geboren am 20. 6. 1968 im Dorf Ǧazīrat Sa‘ūd (Provinz al-Sharqiyya, Ägypten) im östlichen Nildelta. Sie ist Angehörige des Beduinenstamms al-Hanādī, der im 19. Jahrhundert von der arabischen Halbinsel in die ägyptische Delta-Provinz al-Sharqiyya migrierte und zum Preis der Sesshaftigkeit Landbesitz übertragen bekam. Nach der ägyptischen Revolution von 1952 wurde dieser Landbesitz verstaatlicht. Al-Taḥāwīs Eltern gehörten zur der gesellschaftlichen Elite; der Vater war Chirurg, ihre Mutter hatte eine französische Grundschule besucht. Als jüngstes Kind von sieben Geschwistern, davon fünf Jungen, verlebte al-Taḥāwī ihre Kindheit vor allem unter den weiblichen Mitgliedern der Großfamilie. Das Leben ihrer Brüder blieb ihr unbekannt. Trotz Segregation pflegte der Vater einen relativ liberalen Erziehungsstil und schickte alle seine Kinder aufs Gymnasium. Al-Taḥāwī studierte Arabische Literaturwissenschaft an der nahe gelegenen Universität Zaqazīq und erhielt 1991 den Bachelor of Arts. Sie arbeitete als Lehrerin in der Schule ihres Dorfs und belegte gegen den Willen ihrer Eltern Kurse an der Universität Kairo, wo sie 1995 den Masterʼs Degree im Fach Arabische Sprache und Literatur erhielt. Danach war sie für kurze Zeit Lehrbeauftragte an dieser Universität. Sie promovierte über „Wüstenromane in der arabischen Literatur“. Während ihrer Studienzeit war sie Aktivistin in einer islamistischen Bruderschaft, die sich gegen Unterdrückung, ...